13.09.2022-Melanie Breuer & Klaus Kurk

WEG Tryon 2018 - Einmal Chaos und zurück

Nach dem Start in Luhmühlen 2018 machte sich im Herbst ein kleines Eventing-Inside-Team auf den Weg über den großen Teich, um live von den World Equestrian Games zu berichten. Ein befreundeter Herr M. aus W. hatte davon Wind bekommen und uns dringend von dieser Reise abgeraten, wir würden dort enttäuscht werden. Für diesen Trip galt ganz besonders das Motto: „Man muss vor die Tür gehen, zuhause kriegt man sowas nicht geboten“.


Im Flieger bereits treffen wir zahlreiche Menschen in den deutschen Farben gekleidet. Wir denken erst an Schlachtenbummler oder aber sogar verspätete Offizielle. Die netten Jungs entpuppen sich aber als das deutsche Team der Drachenbootfahrer, die zu ihrem eigenen Championat unterwegs waren.


Nach langem Flug in engen Sitzreihen der primäre Eindruck von North Carolina: Es ist mächtig warm und die Luftfeuchtigkeit erreicht gefühlt die 300%-Marke. Bei unserem ersten Besuch des Veranstaltungsgeländes zeigen sich bereits dicke Fragezeichen über unseren Köpfen. Der Eingangsbereich ist beeindruckend, die Parkplätze eher nicht. Es ist nichts befestigt, überall stehen Baumaschinen und fleißige Arbeitskräfte werkeln an einer Anlage die bestenfalls als halbfertig tituliert werden kann.


Nach ein bisschen herumirren finden wir dann auch die Pressestelle und machen die ersten Erfahrungen mit den Volunteers dieser WEG. Der Versuch, direkt an die Akkreditierung heranzukommen scheiterte: Die Sachen sind erst morgen fertig. OK, sie hatten den Montag als Starttermin kommuniziert. Bis wir am nächsten Tag akkreditiert sind, tickte die Uhr ein schlankes Stündchen weiter. Wenn man den WEG aber eins attestieren kann: Die Helfer waren unglaublich freundlich und jederzeit war ein Ansprechpartner greifbar. Ein nicht unerheblicher weiterer Vorteil: Es ist überall klimatisiert. Das Internet funktioniert einwandfrei, auch wenn die Installation manchmal etwas improvisiert wirkte und man kann durchaus 7 Steckerleisten aneinander stecken, um alle Medienplätze mit Elektrizität zu versorgen. Ob man es bei der Vorlaufzeit auch anders hätte lösen können – wahrscheinlich.


Nachdem wir uns auf der Anlage ein bisschen orientiert haben machen wir uns auf zur Geländestrecke. Der Weg dorthin ist schon nichts für Couch-Potatoes, der Rückweg erst recht nicht. Der lange steile Anstieg zurück zum Stadion wird später noch für Diskussionsstoff sorgen. Auf den ersten Blick sieht auch hier alles noch unfertig aus. Wir gehen eine Runde und der Eindruck bestätigt sich. Die Trassen sind teilweise noch nicht vorbereitet, die Brücke, welche einen Teil der Strecke umfassen wird ist im Rohbau, kein Wasser in den Teichen. Es sieht nichts danach aus, dass hier in drei Tagen eine Weltmeisterschaft im Gelände ausgeritten werden soll.


Als wir uns den Hügel zum Stadion hochschleppen kommen wir am VIP-Gebäude der Distanzreiter vorbei. An dieser Stelle müssen wir etwas ausholen: Das Tryon-Reitsportzentrum besteht schon viele Jahre. Regelmäßig werden Turniere und Lehrgänge hier veranstaltet. Während dieser Zeit ist ein tolles, großzügiges Venue entstanden. Die Stallanlagen, die Abreiteplätze, das „alte“ Stadion, in das den Eventern das Dressurviereck gebaut wurde - alles top. Das neue Hauptstadion, dessen Tribünen und die Nebengebäude verdienen aber maximal den Status Rohbau mit Potential. Anders das Sponsoren-Haus für die Distanzreiter-Scheichs, da stehen im Restaurant die Tische bereits weiß eingedeckt.


Unsere Fotos der Geländehindernisse dürfen wir übrigens erst veröffentlichen, als diese auch offiziell für die Reiter freigegeben ist - so der Hinweis unseres deutschen TD. Später stellte sich heraus, dass der Tryon-Eigentümer ein eigenes Reitsportmagazin heraus gibt und die Redakteure mit ihrem Streckenbericht hinterher hingen.


Sorgte für die deutsche Pünktlichkeit im ansonsten sehr improvisierten Ablauf: Martin Plewa als TD

Unsere deutsche Gründlichkeit sorgt übrigens für einen E-I-internen Lacher.  Als wir für den Transfer vom Parkplatz zum Stadion am Shuttlepoint stehen, spricht uns eine amerikanische Fotografin an. Sie sei dankbar, dass der Chef-Offizielle ein Deutscher sei, dann würde ja doch mal was pünktlich und nach Zeitplan von Statten gehen.

Bis Samstagmorgen ist übrigens noch nicht geklärt ob die Strecke ggf. gekürzt wird, da ist das Distanzrennen aufgrund der Witterung bereits zu einem totalen Fiasko geworden. Es ist schwülheiß und der letzte lange Anstieg sorgt für viele Diskussionen. Schließlich wird die Strecke nicht in der Anzahl der Meter gekürzt, aber die letzten Kombinationen werden entschärft. Es wäre ja auch wirklich schade, wenn die Strecke bereits vor dem Springstadion enden würde.

Der Veranstalter dürfte von dem Event einigermaßen enttäuscht gewesen sein, die Besucher tröpfeln eher ins Gelände, als dass sie strömen. Selbst an den spektakulären Wasserkomplexen bekommt man jederzeit einen Platz in der ersten Reihe.


Begeisterten das Publikum in der Dressur: Chipmunk FRH und Julia Krajewski

Sportlich begannen die WEG für die deutschen Vielseitigkeitsreiter bombastich. Ein Auszug aus dem E-I-Bericht: Zwei Trainer, die sich nach dem vierten Galoppwechsel abklatschen, Reiterkollegen, die tief durchatmen, frenetisch jubelnde Zuschauer und eine Reiterin, die vor Rührung ein paar Tränen verdrückt: Julia Krajewski und Chipmunk FRH waren heute das Maß der Dinge auf dem Dressurviereck und haben sich mit 19,90 Punkten eine hervorragende Ausgansposition verschafft. Alle drei Richter haben das deutsche Paar auf dem ersten Platz gesehen.


Ingrid Klimke ritt Hale Bob tags darauf auf den zweiten Platz, das deutsche Team übernahm die Führung vor den Briten und den Gastgebern.

Colani Sunrise und Kai Rüder starten als erstes Paar mit dem Bundesadler auf der Schabracke ins Gelände. Sie hatten den richtigen Weg gefunden, kamen ohne Hindernisfehler über die Ziellinie. Allerdings stoppte die Uhr erst spät, sehr spät sogar. Trotz der Fehlerfreiheit ging es mit 17,20 Zeitstrafpunkten vom 32. auf den 48. Platz im Ranking herunter. Kurz nach der Mittagspause war es an der Zeit für Chipmunk und Julia Krajewski. Mit seinen gewaltigen Galoppsprüngen machte der braune Wallach Meter um Meter, war gut in der Zeit und hatte keinerlei Mühe an den Sprüngen. Ein Run-out im Mittelteil der Strecke löste aber alle Titelträume auf.


Die Titelverteidigerin Sandra Auffarth setzte in Tryon auf den erst 9-jährigen Viamant du Matz. Nach einer Dressur mit knapp über 30 Punkten kam der Fuchs im aufwändigen Wasserhindernis aber an seine damalige Grenze heran. Nach zwei Stopps nahm Sandra den Wolle-Nachfolger aus der Prüfung.






Ebenfalls erst neun Jahre war in Tryon FRH Corrida, die mit Andreas Dibowski nach der Dressur zwei Plätze vor Viamant du Matz gelegen hatte. Vergleichbar mit Coloni Sunrise kam FRH Corrida ohne Hindernisfehler aber mit einer deutlichen Zeitüberschreitung aus dem Gelände zurück.



Auf dem Weg zur Führung: SAP Hale Bob OLD und Ingrid Klimke

In der letzten Runde der Teamreiter waren SAP Hale Bob OLD / Ingrid Klimke an der Reihe, die nach dem Chipmunk-Run-out einen freien Blick auf die Führung hatten - und das mit drei Sekunden in der Hand gegenüber Allstar B und Ros Canter. Wie auch Colani Sunrise und FRH Corrida blieb Bobby an allen Hindernissen fehlerfrei, anders als seine Teamkollegen stoppte er die Uhr bereits bei 10 Minuten. Exakt Bestzeit. Mit Vinci de la Vigne / Astier Nicolas (FRAU) und Junco CP / Carlos Diaz Fernandez (ESP) gelang dieses lediglich zwei anderen Paaren.


In der Teamwertung hatten die Briten die Deutschen abgelöst, die bis auf den sechsten Platz durchgereicht wurden. Medaillenluft schnuppern durften weiterhin die Iren und die Franzosen, denen überraschenderweise die Mannschaft aus Japan im Nacken saß.


Edelmetall und ein neuer Chronometer: Bronze in der Einzelwertung für Ingrid Klimke

"Ich habe gezählt, eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben und dann gedacht 'Wir haben's'" erzählte Ingrid mit einer guten halben Stunde Abstand die Momente von Sprung 12b zu 13. "Erst war die Enttäuschung natürlich groß, aber jetzt geht's. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich mit einer Bronzemedaille zurückfliege, hätte ich mich gefreut."

Das letzte Hindernis - aus der seinerzeit amtierenden Europameisterin hätte die neue Welt- und Europameisterin werden können.

So tritt Ros Canter in Pratoni als Titelverteidigerin an, Padraig McCarthy und Mr. Chunky sicherten sich nach der fehlerfreien Parcoursrunde die Silbermedaille.


Colani Sunrise und Kai Rüder

Mit den zwei Nullrunden von Colani Sunrise / Kai Rüder sowie FRH Corrida / Andreas Dibowski und den beiden Abwürfen von Chipmunk FRH / Julia Krajewski konnte das deutsche Team die Australier noch abfangen und sich mit dem 5. Platz die direkte Olympia-Qualifikation sichern.

Weltmeister wurden die Briten vor den Iren und den Franzosen.


Einige Auszüge aus dem Eventing-Inside-Tryon-Nachbericht:

Vorweg: Ohne Tryon mit Mark Bellissimo hätte es in diesem Jahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Weltreiterspiele gegeben. Und das wäre schade gewesen. Wann sonst schauen sich Reiner ein Eventing-Springen an, bejubeln Eventer die Ritte und die Medaillen der Dressurspezialisten, staunen Springreiter über die Aufgaben im Gelände, die nach den FEI-Bestimmungen ja maximal 1,25 Meter hoch sein dürfen. Wo wird den Zuschauern schon ein so vielfältiges Programm geboten? Dafür brauchen wir die WEG. Und in diesem Jahr eben Tryon. Und Tryon hätte mehr Zeit gebraucht. Erst vor etwa zwei Jahren war man ganz kurzfristig für Bromont eingesprungen.

Aber sie haben sich zu viel vorgenommen oder den richtigen Drive vermissen lassen. Je nach Ansprechpartner variierten die Aussagen stark. Fest steht, dass das Tryon International Equestrian Center grundsätzlich alle Bedingungen für so ein Championat erfüllt. Die Pferde waren bestens untergebracht, die Reitböden hatten eine super Qualität, es gibt Platz ohne Ende und das Cross-Gelände hält jedem Vergleich stand. Die Volunteers waren weltmeisterlich. Freundlich, hilfsbereit, lösungsorientiert und immer für einen Spaß zu haben. Allerdings auch besorgt: Eine junge Shuttle-Fahrerin fragte uns, ob dieses Desaster so auch im Ausland wahrgenommen würde. Einige von ihnen sind hier vor Ort mit Julia Otto (die Luhmühlen-Chefin) in Kontakt gekommen und möchten im nächsten Jahr zur Europameisterschaft in die Heide kommen. Auch eine Art der Begeisterung.




Außer den Reitböden und den Stallungen (die ja vorher schon da waren) war alles maximal halb fertig. Manchmal hatte man den Eindruck, es seien mehr Handwerker als Zuschauer auf dem Gelände. Abends sowieso, es wurde bis tief in die Nacht gewerkelt. Die Besucher der zweiten Woche werden diese Dinge weniger kritisieren. Was hier in der einen Vielseitigkeits-Woche noch geschafft wurde, ist schon gut. Das hatte auch Dr. Niederhofer bestätigt, der ja noch einige Tage vorher schon auf dem Gelände war und die Fortschritte formuliert hatte.



Aus unserer Sicht stand der erste Weltmeister schon vor dem Beginn der Prüfung fest. Mark Phillips hat sein Meisterstück geliefert. Der vielbeschäftigte ehemalige Profireiter, dessen Kurse oft gelobt wurden, der aber noch häufiger derbe Kritiken einstecken musste, hat alles richtig gemacht. Die Trasse, die Auswahl und Platzierung der Hindernisse, die Linienführung, die Abmessungen und vor allem die vielfältigen Möglichkeiten. Die besten Pferd-Reiter-Paare sind fehlerfrei durch den Cross gekommen, sechzehn davon sogar in die Zeit galoppiert. Einige der Top-Stars mussten ihre Medaillenhoffnungen mehr oder weniger früh begraben, aber auch die schwächeren Reiter konnten sich ordentlich präsentieren und vielfach sogar ohne Hindernisfehler die Ziellinie überqueren. Chapeau Mark Phillips.


Allerspätestens hier in Tryon dürfte den deutschen Verantwortlichen, eigentlich der gesamten Branche, aufgegangen sein, wie schwer der Kompetenzverlust durch den Wechsel von Chris Bartle wiegt. Gemma Tattersall -Mitglied der Goldequipe der Briten- hat es auf den Punkt gebracht: "Chris Bartle ist eine Legende - und wir haben durch ihn eine unheimliche Entwicklung gemacht." Ros Canter, die neue Weltmeisterin: "Er hat in den letzten zwei Jahren meine ganze Reitweise umgestellt, mir Mut gemacht, meine Pferde anders zu reiten als früher. Ich reite heute mit viel längeren Zügeln." In Anlehnung an William Fox-Pitt, der nach Michael Jungs Triumph in Lexington 2010 wegen der Chancengleichheit Sam in Rente schicken wollte, ist die Reiterwelt nun aufgerufen, ein Fund-Raising für Chris Bartles Vorruhestandspension zu starten. Für die Entwicklung von Pferden, Reitern und des Sports wünsche ich mir, er wird 100 Jahre alt. Mindestens.

Die deutschen Trainer haben hervorragende Arbeit geleistet. Die Dressuren am Donnerstag und Freitag waren exorbitant, auch bei den jungen Pferden schon und da wird es bestimmt noch eine weitere Entwicklung geben. Diese Ergebnisse sind nur mit einem kontinuierlich-guten Heimtraining möglich und die Kaderarbeit mit Jürgen Koschel wird die letzten Prozentpunkte heraus gekitzelt haben.


Der Bundestrainer Hans Melzer ist ein extrem guter Motivator. Das wurde auch in Tryon von den Adlerträgern zurückgemeldet. Kai Rüder meinte: "Wir haben eine tolle Stimmung im Team - da kann alles draus werden." Die Linien, die das Team im Cross geritten ist, waren auch die richtigen. Ein Vorbeiläufer kann immer mal passieren, aber es war bis vor Rio die besondere Leistung des deutschen Teams, gerade auf Championaten jeweils die Bestleistung abzurufen.


Vielleicht hat es sich hier gerächt, dass die deutschen Eventer entschieden haben, auf die Expertise eines Andrew Nicholson zu verzichten. Vielleicht wären es die paar Prozentpunkte gewesen, die Dibo hätten mutiger reiten lassen oder ein Hinweis an Julia, welche Eventualitäten an der Railroad-Crossing-Kombination warten und wie man trotzdem heile durchkommt. Oder: Der erfolgreichste Championatsreiter der letzten Dekade war vor Ort. Er spricht unsere Sprache, ist einige Male durch den Cross gelaufen - aber ohne deutsche Begleitung. Vielleicht hätte live statt I-Pad (Hans Melzer: "Wir sind den ganz Kurs mit Michi am Bildschirm durchgegangen. Er hatte die gleichen Linien wie wir auch.") den Unterschied ausgemacht. Zur Klarstellung: Die Grundlage ist sehr gut, es geht um die paar Prozentpunkte mehr, die vielleicht eine Medaille bedeuten könnten.


Die eine Hälfte der Parcoursleistungen war verlässlich sehr gut. Colani Sunrise und FRH Corrida brachten die besten Vorleistungen mit und haben (O-Ton Dibo) "abgeliefert". Auch ein Ergebnis aus Heimarbeit und Spezialtrainer Marcus Döring. Chipmunk lag im Rahmen seiner Möglichkeiten. Von 0 bis 8 war in diesem Jahr schon alles dabei. Auch bei Bobby kann schon mal eine Stange fallen. Dass dies gerade am Montag passiert ist, ist Pech. Die Distanz passte, es hätte genauso gut auch klappen können. Da fehlten nur drei oder vier Zentimeter Höhe - die wenigen Prozentpunkte halt. Allerdings muss auch geschrieben werden, dass das Glücksbonusheft spätestens in der zweifachen Kombination aufgebraucht war.


Der Vergleich ist bestimmt lediglich bedingt aussagefähig, zeigt jedoch eine Tendenz auf: Unser Team hat vor zwei Jahren mit 132,13 Punkten (umgerechnet auf das aktuelle Wertungssystem) in Rio die Silbermedaille gewonnen, jetzt haben 118,20 Punkte "nur" für den fünften Platz gereicht. Das Resultat ist besser als bei Olympia, aber die Verbesserung der anderen Nationen ist deutlicher ausgefallen.




Ein weiteres deutsches Manko ist die dünne Decke an Top-Pferden. Die Liste mit den potentiellen Championatsreitern (Dirk Schrade, Peter Thomsen - um nur zwei zu erwähnen) ohne bzw. ohne gesunde Pferde (Andreas Ostholt, Michael Jung) ist schon recht lang. Auch hier scheint es noch Verbesserungspotential zu geben. Dr. Jens Adolphsen, der Vorsitzende des Vielseitigkeitsausschusses der FN: "Klar können wir bei der Anbindung des ein oder anderen Pferdes unterstützen. Aber wenn da Millionenbeträge aufgerufen werden, gehen auch uns die Mittel aus." Es wachsen einige gute Pferde nach, bleibt zu hoffen, dass sie unseren Reitern erhalten bleiben. Bei Colani Sunrise scheint es so zu sein. Kai Rüder: "Ich habe das große Glück, dass das Pferd Bernhard Reemtsma gehört, mit dem uns mittlerweile eine richtige Freundschaft verbindet." Vorteilhaft, wenn man auf die Frage nach eventuellen Verkaufsabsichten mit "Auf dem Ohr sind wir taub" antworten kann. Insgesamt stammten sechzehn der 83 Pferde in Tryon aus der deutschen Zucht.


Drei faustdicke positive Überraschungen lieferten diese Weltreiterspiele in der Vielseitigkeit:

Das japanische Team um den bei Dirk Schrade trainierenden Yoshiaki Oiwa war nach der Dressur auf dem zehnten Platz. Alles noch im normalen Bereich. Durch drei fehlerfreie Ritte mit insgesamt nur wenigen Sekunden Zeitüberschreitung klopften sie sehr laut an die Medaillenränge. Das solide Springen sicherte diesen vierten Platz vor unserem Team.

Auf vielen Turnieren und Meisterschaften wurde die Aussage "Wenn die Iren anfangen Dressur zu reiten, schnappen sie uns die Medaillen weg" belächelt, manchmal hörte es sich an wie ein Running-Gag. Jetzt aber ist es soweit. Sam Watson über die außergewöhnliche Arbeit mit Sally Corscadden (Teilnehmerin an Welt- und Europameisterschaften): "Wir haben ein halbes Jahr lang hart gearbeitet, bei jedem Wetter, auch bei Regen." Er meinte damit ausdrücklich die Dressurarbeit. Gelände und Springen konnten die Iren mit ihren häufig hoch im Blut stehenden Pferden schon immer. Hier haben die Grün-Jacken ihre Früchte geerntet und mit der Silbermedaille ihr erstes WM-Edelmetall überhaupt empfangen. Vom siebten Platz in der Dressur preschten sie mit drei Doppel-Nullern im Gelände auf den zweiten Rang und sicherten diesen im Parcours ab.


Andrew Hoy, in den letzten Jahren im großen Sport etwas in der Versenkung verschwundener vielfacher Sieger großer Prüfungen und Championate. Für seine exzellente Basisarbeit ist der Australier bekannt und hoch anerkannt. Die Vorergebnisse und seine Präsentation mit Vassily de Lassos in Aachen ließen bereits aufhorchen. Trotz seines reifen Alters (in Lexington 1978 gab er 19jährig sein WM-Debüt) ritt er den Fuchs geschmeidig sitzend erfolgreich auf dem Viereck zu 29,80 Punkten und Platz 29. Das war es dann auch mit dem Punkten! Im Gelände fehlerfrei und sechs Sekunden unter der Bestzeit im Ziel, am Montag ebenfalls Doppel-Null und fast noch in den Medaillenrängen. Bleibt zu hoffen, das Andrew das Pferd in den nächsten Jahren dosiert einsetzt (Vassily de Lassos ist erst neun Jahre) und sich unsere Verantwortlichen in Warendorf Gedanken um die Ausbilder-Kompetenz von Andrew Gedanken machen.


Unterstützt Pawel Spisak (POL): Michael Jung, lediglich als Coach in Tryon dabei

Da war die Welt noch in Ordnung: Julia Krajewski bei einer der zahlreichen Geländebesichtigungen

Schade, dass das vorbei ist: Mal eben einen Abstecher zur Dressur, hier Cosmo und Sönke Rothenberger


Ehre, wem Ehre gebührt: Padraig McCarthy, Ros Canter und Ingrid Klimke

Der Championatsblick geht nun direkt nach Luhmühlen. Ende August 2019 richten Julia Otto und ihr Team die nächste Europameisterschaft aus. OK, die Briten sind die Briten. Aber es wird wieder ein spannender Wettkampf werden. Als Ausrichter kann der deutsche Verband zwölf Starter benennen. Platz und Raum für die jungen Wilden, sich zu beweisen, die bewährten Kräfte, die im Moment ohne Pferde dastehen - und alle Tryon-Fahrer sind ja im besten Alter. Die Chancen sind da. Auf geht's.


Mittlerweile ist auch die Luhmühlen-Euro Geschichte. Die vielen tollen Ergebnisse der deutschen Eventer sind hinlänglich bekannt. Alle Blicke richten sich nun auf einen hoffentlich spannenden Wettstreit in Pratoni del Vivaro. Im Rahmen der Berichterstattung von der Verfassungsprüfung (Mittwoch, 14 Uhr) präsentieren wir die deutschen Paare mit den Pferden, ihren PflegerInnen sowie den Reitern und gehen auf das internationale Starterfeld ein.



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