Die „Neue“ im Vielseitigkeitslager: Anne-Kathrin Pohlmeier
09.08.2022 - KK
Da macht sogar Dressurreiten Spaß
In wenigen Tagen beginnt in Pratoni del Vivaro die Weltmeisterschaft der Vielseitigkeitsreiter. Wir starten unsere umfangreiche Berichterstattung heute mit einem ganz besonderen Porträt:
Nach einem kurzen Kennenlern-Treffen in Luhmühlen bot sich in Haras du Pin sowie Arville die Möglichkeit, mit der neuen Dressurtrainerin der deutschen VielseitigkeitsreiterINNEN sehr intensiv ins Gespräch zu kommen und sie nun im Rahmen von Eventing-Inside:fokussiert vorzustellen. Viel Spaß dabei.
Eventing-Inside: Anne-Kathrin, schön, dass an diesem und dem nächsten Wochenende etwas Freiraum ist, um mit Dir näher ins Gespräch zu kommen. In der Dressurszene bist Du tief vernetzt, bei den Eventern erst seit knapp neun Monaten mit an Bord. Bitte, stelle Dich kurz selber vor.
Anne-Kathrin Pohlmeier: Ich bin Anne-Kathrin Pohlmeier und darf jetzt die Vielseitigkeitsreiter in der Sparte Dressur betreuen. Ich komme aus einem normalen Elternhaus, die eigentlich gar nichts mit dem Reitsport zu tun haben oder hatten. Als Kind oder besser als junges Mädchen war da ein Nachbar, der bei Hubertus Schmidt als Bereiter angestellt war und der hat mich mitgenommen.
Später habe ich da meine Schulpraktika gemacht und auch immer in den Sommerferien ausgeholfen. Das hat mir total viel Spaß gemacht und von da an war ich infiziert, es war um mich geschehen und es war klar, ich will eine Ausbildung machen als Bereiterin.
Meine Eltern haben dann versucht, so gut sie konnten, mich sportlich zu unterstützen. Sie haben mal vom Züchter ein Pferd gekauft, auch mal einen ungerittenen. Dann habe ich sie angeritten und turniermäßig vorgestellt, so gut es ging. In jungen Jahren bin ich sogar mehr Springen geritten.
E-I: Du hast Dein Hobby dann sogar zum Beruf gemacht…
A-K P: Ja, bei Horst Rimkus in Verden konnte ich meine Ausbildung machen. Zunächst bin ich beides geritten, Springen und Dressur, bis ich dann irgendwann gemerkt hab‘, die Springhindernisse sind irgendwann zu hoch - so Springpferde M, das war schon die Grenze. Nach der Ausbildung bin ich übernommen worden und war dann fast sieben Jahre da. Super viel gelernt habe ich in der Ausbildung mit jungen Pferden, vom Anreiten bis zur Klasse M.
Sitzdemonstration
E-I: Von Verden aus ging es in die weite Welt…
A-K P: Ich habe ein halbes Jahr in Italien, Norditalien verbracht. Dort habe ich ein ganz talentiertes junges Mädchen betreut, deren Pferde ich vorher schon im Stall Rimkus geritten hatte. Eine Saison habe ich dort verbracht, bin auch einige Turniere geritten. Wegen des sportlichen Ehrgeizes musste ich aber wieder zurück, weil man als Leistungssportler auch die Konkurrenz braucht. Und das war in Italien zu dem Zeitpunkt, als ich da war, und das ist ja auch schon viele Jahre her und hat sich geändert und ist besser geworden, anders. Der Dressursport war doch relativ klein im Verhältnis zu uns. Die spielten dort Fußball und ritten Springen oder vielleicht auch Vielseitigkeit, auf jeden Fall mehr als Dressur.
E-I: Wie ging es nach Deiner Rückkehr weiter?
A-K P: Erst war ich als Bereiterin angestellt, habe dann irgendwann gedacht, jetzt mache ich mich selbständig und angefangen, in Sottrum einen kleinen Ausbildungsstall aufzubauen. Ich hatte da viel Glück und tolle Menschen, tolle Pferde und habe einen Mega-Trainer an meiner Seite gehabt, Herrn Meyer zu Strohen. Da ist die Konstellation ja immer wichtig. Man ist als Reiter immer so gut wie seine Pferde und Besitzer - und da habe ich einfach viel Glück gehabt, dass ich tolle Leute um mich herum hatte. Aus gesundheitlichen Gründen musste ich die aktive Reiterei vor einigen Jahren aufgeben und konzentriere mich nun auf den Reitunterricht und freue mich, jetzt so eine tolle neue Aufgabe zu haben, wo ich jetzt in einem ganz anderen Bereich gefordert werde und auch viele neue nette Menschen kennenlerne.
E-I: Mit dem anderen Bereich meinst Du die Vielseitigkeit?
A-K P: Stimmt. Mit der Vielseitigkeit hatte ich tatsächlich bis dahin fast keine Berührungen. Da ich schon im Springen nicht die mutigste war, wäre das wahrscheinlich auch nicht die Disziplin geworden, in der ich irgendeinen Blumentopf hätte gewinnen können.
Ich war schon mal in Luhmühlen, da war ich eingeladen. Das fand ich super spannend, bin auch das Gelände mit abgegangen. Das war für einen Dressurreiter, da ist ja das Herz nur bedingt belastbar, schon sehr aufregend. Das ist auch jetzt noch so, wenn ich mal ins Gelände schaue, dass ich dann schon mal die Luft anhalte und denke, oh Gott, hoffentlich geht das jetzt alles gut.
Trotzdem finde ich den Sport super spannend und bewundere das und finde das mega toll, dieses abwechslungsreiche Training für die Pferde. Da zieht man den Hut vor, muss ich schon sagen. Und auch ich als Dressurreiterin lerne nochmal total viel, egal, ob es mit dem Runterkühlen nach den Prüfungen ist oder auch von den Trainingsmethoden mit dieser unterschiedlichen Arbeit, wie gut man auch voran kommt, wenn man nicht jeden Tag Dressur reitet oder Zeit hat, jeden Tag Dressur zu reiten, weil auch die anderen Disziplinen nicht vernachlässigt werden dürfen.
Ihr größter sportlicher Erfolg: Der Sieg mit Lordswood Dancing Diamond bei der WM der Jungen Dressurpferde in 2017 mit 97,200% !!!
Foto: Lars Lewandowski
E-I: Würdest Du Deine Pferde heute anders ausbilden?
A- K P: Anders - weiß ich nicht, aber ich würde wahrscheinlich mich nicht nur so drauf fokussieren, dass man diese lange Schrittarbeit vor der Arbeit hat, sondern würde wahrscheinlich nach der Arbeit nochmal eine längere Schritteinheit einbauen. Sonst reitet man so fünf bis zehn Minuten Schritt, aber man könnte das, glaube ich, auch noch optimieren in dem man einfach sagt, man reitet nochmal auf unterschiedlichen Böden draußen zwanzig Minuten Schritt, um die Muskulatur einfach wieder zu optimieren.
E-I: Jetzt gehörst Du zum Bodenpersonal.
A-K P: Es auch schon bei Horst Rimkus so, dass wir viel Unterricht gegeben haben. Jungen Leuten, oder auch den Lehrlingen, Leuten, die von außerhalb gekommen sind. Wir hatten auch viele Praktikanten aus dem Ausland, die wir betreut haben. Ich habe das immer schon gerne gemacht und ich finde auch, dass man total viel helfen kann, mit totalen Kleinigkeiten - manchmal. Das man einfach sagt, probier doch mal das und das, was total simpel ist - und man merkt einfach, wie gut es dem Reiter und dem Pferd tut und wie viel das hilft. Und ich finde es einfach total toll, dass man auch von unten Reitern so ein gutes Gefühl geben kann. Das ist, glaube ich, auch am Ende das A und O des Reitens. Langsam, Schritt für Schritt, hier und da verbessern, um dann den großen Durchbruch zu erreichen.
E-I: Lass uns zu Deinen Eventing-Anfängen zurück kommen. Was ist da passiert?
A-K P: Das war eigentlich ein Zufall, eigentlich war es mehr so, dass die Vielseitigkeit zu mir gekommen ist. Der Sponsor von Nicolai Aldinger hat ein Pferd aus meinem Beritt gekauft. Seitdem haben wir eigentlich immer einen guten Kontakt. Irgendwann kam die Frage, ob ich vielleicht bereit wäre, jemanden mit ihrem Pferd dressurmäßig zu unterstützen. Und so kam dann einfach eins zum anderen.
E-I: Dann war Nico also Dein erster Kandidat aus der Vielseitigkeit?
A-K P: Genau. Das ist jetzt ungefähr zwei Jahre her.
Analyse nach dem Ritt, hier mit Ben Leuwer…
E-I: Wie ging es weiter?
A-K P: Dann wurde ich von Peter Thomsen gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, die Vielseitigkeit zu unterstützen und mal einen Tag als Probetag machen würde. Also haben wir mit einigen Reitern in Warendorf einen Tag zusammen Dressur geritten - und nun bin ich dabei.
E-I: Welche Vielseitigkeitsreiter und -pferde kanntest Du zu dem Zeitpunkt?
A-K P: Da muss ich ganz ehrlich sagen, da war ich nicht drin im Thema. Wie das immer so ist, wenn man selber Sport reitet, ist man sehr fokussiert auf den Bereich, den man selber macht. Ich war viel in diesem Jungpferdebereich von 3 bis 6jährig unterwegs. Das war so meins, was ich geliebt habe, dieses ausbilden. Und dadurch hatte man keine Berührungspunkte. Ich musste das jetzt alles neu lernen, alle neu kennenlernen. Das war für mich schon eine Herausforderung, da ich nicht so die Bekanntschaften hatte, die sich so nach und nach über Jahre aufbauen.
E-I: Die Affinität zur Vielseitigkeit ist damit über Deinen neuen Job gewachsen?
A-K P: Absolut.
E-I: Da war vorher nix?
A-K P: Nee, tatsächlich nicht.
E-I: Welche Schwerpunkte setzt Du in Deiner Arbeit, sowohl allgemein, als auch bei den Vielseitigkeitsreitern?
A-K P: Ich glaube, dass ich das nicht zu sehr unterscheide. Am Ende ist es ein und dasselbe ob du ein Vielseitigkeitspferd hast oder ein Dressurpferd. Wir brauchen sie durchlässig, wir brauchen sie motiviert und dann arbeitet man sich von Aufgabe zu Aufgabe vor. Die Losgelassenheit, die Durchlässigkeit und das Positive des Reiters und die Erfahrung in den Lektionen sind eigentlich dasselbe. Anders ist, dass man hier höher konditionierte Pferde hat, was aber auch keinen Unterschied macht, weil wir ja weder ein Dressurpferd müde reiten, noch ein Vielseitigkeitspferd. In dem Moment wo man das Pferd sieht, entscheidet man aus dem Gefühl heraus, wie man es arbeitet.
E-I: Als Du das erste Mal in Warendorf die Vielseitigkeitsreiter trainiert hast, was hat Dich bei den Pferden und den Reitern sowohl positiv als auch negativ überrascht?
A-K P: Also, eigentlich war ich durchweg positiv überrascht. Erst einmal davon, wie gut auch im Vielseitigkeitsbereich geritten wird. Das ist wirklich, wirklich erstaunlich, wie gut die das machen. Man merkt, dass sie dieses wahnsinnige Gefühl haben für das Pferd und, wenn man denen was sagt, wie unglaublich toll die das umsetzen können. Und dasselbe war bei den Pferden. Wenn man so sieht, wie die manchmal lostraben, dann arbeitet man die, gymnastiziert die und dann wachsen die total über sich hinaus. Das finde ich, ist schon faszinierend. Also, wie viel Bewegung man doch durch gutes reiten und positives ausbilden aus diesen Pferden heraus zaubern kann, das ist schon beeindruckend.
E-I: Was hat Dir bei den Reitern gut gefallen?
A-K P: Das es eine total tolle Truppe ist, die alle total offen sind. Oftmals ist es ja so, wenn irgendjemand neu kommt, dann begutachtet man das erst einmal und lässt sich vielleicht nicht so darauf ein. Und das hatten wir überhaupt nicht. Es war wirklich so, dass man gleich irgendwie das Gefühl hatte, man darf auch was machen und es wird auch angenommen.
E-I: Machen auch im Sinne von mal etwas ausprobieren, das für die Reiter neu ist?
A-K P: Genau. Ja, dass ich nicht groß gefragt habe, wie macht ihr was, sondern, dass ich einfach gesagt habe, macht das mal so und so oder macht das mal so und so - und dass sie es dann einfach gemacht haben. Es gibt ja auch Reiter, die dann sagen, och nee, das habe ich ja noch nie gemacht, das möchte ich jetzt auch nicht ausprobieren. Das war halt nie der Fall.
E-I: Waren bei den Reitern und Pferden irgendwelche Punkte, bei denen Du gedacht hast, oh nein?
A-K P: Nee, eigentlich nicht. Es ist natürlich so, dass er eine oder andere in der einen Disziplin eine Stärke hat und der andere vielleicht in der anderen Disziplin. Aber gerade das ist ja toll. Das ist ja fordernd, auch für mich, dass man sagt, wenn die eine Disziplin noch nicht so stark ist, mal als Beispiel die Dressur, dass man einfach sagt, geht nicht, gibt’s nicht. Das ist meine Einstellung, dass man sagt, wir müssen alles probieren und auch unterschiedliche Wege ausprobieren, um ans Ziel zu kommen.
… und Pia Münker
E-I: Einige Monate hast Du ja jetzt schon mit den Eventern intensiv zusammen gearbeitet. Was ist das besondere an Vielseitigkeitsreiterinnen und Vielseitigkeitsreitern?
A-K P: Ich glaube, dass im Vielseitigkeitssport die Reiter unheimlich bedacht darauf sind, dass es den Pferden gut geht. Es ist in allen Disziplinen so, aber man hat das Gefühl, dass, weil sie ja noch viel mehr mit den Pferden unterwegs sind und auch viel mehr draußen sind, noch öfter arbeiten, wie zum Beispiel vor dem Springen morgens noch mal lockerreiten. Dieser Kontakt zwischen Pferd und Reiter ist schon besonders im Sinne von intensiver. Ich glaube auch, wie jetzt zum Beispiel bei diesen Stufen hier in Haras du Pin, wenn die Pferde nicht dieses hundertprozentige Vertrauen haben und dieses langjährige Zusammengewachsensein da ist, ist es nicht möglich, dass das Pferd hundertprozentig vertraut da herunter springt. Dafür bin ich aber nicht der Experte, ich kann das nur vermuten.
E-I: Was hast Du Dir vorgenommen mit den Vielseitigkeitspferden und -reitern?
A-K P: Ich bin schon ein sehr ehrgeiziger Mensch und für mich ist schon auch wichtig, dass wir uns verbessern, sicherer werden im Aufgabenreiten. Dass vor allem ich erst einmal die Pferde möglichst schnell und möglichst gut kennenlerne und auch die Reiter in den jeweiligen Situationen. Auf dem Turnier ist es ja noch einmal eine andere Stresssituation und jeder Reiter ist dann ja auch anders. Die einen werden ruhig, die anderen reden mehr als normalerweise. Das ich einfach ein bisschen das Gefühl dafür kriege, wie muss ich jetzt an die Person rangehen in dem jeweiligen Moment. Das ist, glaub‘ ich, der erste Ehrgeiz, jetzt möglichst schnell möglichst gut kennenzulernen, um sie möglichst gut zu betreuen.
E-I: Wo möchtest Du sie hinbringen?
A-K P: So weit wie möglich nach vorne natürlich. [Und lächelt dabei.]
E-I: Kannst Du das an einem Beispiel festmachen?
A-K P: Jetzt ist ja erst einmal unser Ziel, dass wir natürlich mit allen Pferden die Ergebnisse noch mal hier und da ein, zwei, drei Punkte verbessern. Ich denke, dass ist auch das Ziel von jedem Reiter, dass man über die Saison auch einfach nochmal ‘nen Punkt sammeln kann, den man vielleicht woanders auf der Strecke gelassen hat. Dass man einfach immer wieder versucht, im Trab oder im Galopp mehr Ausdruck zu erarbeiten. Wir wollen die einzelnen Lektionen verbessern, zum Beispiel die Wechsel sicherer machen. Schauen, wie lange reitet man am besten ab. Einfach, dass man an den kleinen Stellschrauben nochmal dreht. Und das ist am Ende der Schlüssel zum Erfolg, die Pferde so kennenzulernen, um ihnen von unten so gut als möglich zu helfen.
E-I: Was glaubst Du, sagen die Reiter über die Zusammenarbeit mit Dir?
A-K P: Das kann ich gar nicht so sagen, aber ich habe eigentlich ein total gutes Gefühl, die Kontakte sind so, wie ich sie mir wünsche. Alle machen einen unglaublichen Job in dem was und wie sie reiten. Sie lassen sich auf meine Ideen ein, mal etwas zu verändern, was dann ja auch schon mal gut funktioniert hat.
Und das sagen die Reiterinnen und Reiter, die wir auf den beiden Turnieren in Frankreich und Belgien angesprochen haben:
Sandra Auffarth: Anne-Kathrin ist super motiviert. Sie ist für uns alle von morgens bis abends da und macht einen super Job. Sie hat uns allen schon viele gute Tipps gegeben und verbessert. Es ist großartig, so jemanden auf dem Turnier dabei zu haben, weil man dann noch konzentrierter, noch konsequenter an den Kleinigkeiten arbeitet, die am Ende des Tages ja in der Dressur sehr wichtig sind.
Julia Krajewski: Ich finde, sie ist sehr genau. Das ist Detail-verliebtes Dressurreiten, und das gefällt mir gut. Sie erfindet das Rad nicht neu, aber es ist einfach sehr, sehr genaues, gutes klassisches Dressurreiten. Und eins ist sicher, egal wie lange man schon reitet oder wie gut man meint, dass man reitet, man braucht immer wieder jemanden am Boden, jemanden der noch einmal genau und noch einmal detaillierter auf Dinge achtet, die sich vielleicht so eingeschlichen haben. Das macht sie super gut und ist dabei sehr, sehr engagiert. Es ist auch nie ein Pferd zu viel, das man anschleppt und sie hat immer unterschiedliche Ideen für die Pferde. Das ist sehr wertvoll für uns.
Jana Lehmkuhl: Da macht sogar Dressurreiten Spaß. Sie versucht nicht, die Pferde umzukrempeln, sondern es geht darum, aus den vorhandenen Möglichkeiten das Beste herauszuholen.
Andreas Dibowski: Sie ist eine Bereicherung.
Michael Jung: Nach den Dressuren tauschen wir uns schon kurz aus. Ich finde es immer schwierig, da wir uns bisher nur auf dem Turnier gesehen haben, da möchte ich dann auch nicht zu viel durcheinander bringen. Aber der Austausch nach der Dressur, das sind schon sehr hilfreiche Informationen und Tipps.
Jérôme Robine: Im Schnitt hat sie alle zwei bis drei Wochen Zeit, um nach Warendorf zu kommen und auf den Turnieren arbeiten wir ganz intensiv zusammen. Das bringt uns alle sehr viel weiter. Sie hat eine super Einstellung, sie will und will und will allen alles ermöglichen. Das macht sie aus. Uns hat sie im Bereich Stellung und Biegung sehr geholfen. Sie ist auch mutig genug zu sagen, wir reiten das jetzt so und so zu Ende. Das sind dann Dinge, die ich alleine manchmal nicht so durchziehe. Sie kann einschätzen, wie die Pferde drauf sind - und das hilft schon sehr.
Dirk Schrade: Ich glaube, dass war ein Glücksgriff. Sie ist unheimlich motiviert, erkennt die Probleme von Reiter und Pferd sehr schnell und geht unheimlich akribisch darauf ein. Sie arbeitet an der Korrektheit und gar nicht an dem letzten Traben. Und das ist in unserer Disziplin notwendig, da wir immer noch Punkte sammeln, wenn die Pferde korrekt gehen. Deshalb finde ich das super. Wir haben definitiv an der Anlehnung viel gearbeitet. Von Anfang an haben wir daran gearbeitet, dass er offener im Hals bleibt, weil er sich gerne ein bisschen eng macht. Da haben wir unheimlich viel Wert drauf gelegt und ich finde, das hat sich seit dem Anfang des Jahres schwer verbessert.
Christoph Wahler: Wir kommen super zurecht. Ich habe im Frühjahr ein paar Mal mit ihr geritten und schätze sie als sehr, sehr genau und unheimlich ruhig in ihrer Arbeit mit den Pferden. Das mag ich ganz gern, weil diese Genauigkeit, diese Liebe zum Detail, Lektion für Lektion, die fehlt mir manchmal ein bisschen. Mein Abreiten mach ich nach wie vor mit meinem Vater, aber abgesprochen ist das immer auch mit ihr. Da wollen wir ein bestehendes System nicht verändern.
Netzwerken mit Dr. Annette Wyrwoll, Mitglied des DOKR-Vielseitigkeitsausschusses
E-I: Wie gehst Du damit um, dass auf den Turnieren der eine oder andere seinen eigenen Trainer mitbringt?
A-K P: Das finde ich total gut. Wir haben ja die, die sind ein eingespieltes Team und das funktioniert. Da finde ich, da kann man das auch so machen. Da ist es jetzt egal, ob man Christoph Wahler nimmt oder Michi Jung, die haben super-erfahrene Eltern an Ihrer Seite, die sind ein super-eingespieltes Team und das funktioniert ja auch brillant, da muss ich mich nicht aufdrängen und sagen, wir müssen irgendetwas anders machen, sondern das haben die schon total gut alles voreinander.
E-I: Wer bildet Dich weiter?
A-K P: Jeder Reiter eigentlich, und jedes Pferd. Es ist auch so, dass wir vom DOKR unterschiedliche Fortbildungen angeboten bekommen haben, an denen wir dann auch teilgenommen haben, an denen wir teilnehmen dürfen und die Teilnahme auch gewünscht ist. Am Ende glaube ich aber trotzdem, dass dieses tägliche und das einzelne Pferd und der einzelne Reiter das ist, was der Durchbruch ist. Auch dieses selber geritten zu haben, selber ausgebildet zu haben und auch selber diese Fehler gemacht zu haben, nicht oft genug zu reiten oder mal zu wenig abzureiten oder auch mal zu viel abzureiten. Trainieren musst du aus dem Gefühl heraus, du kannst nicht aus dem Lehrbuch trainieren. Du musst dieses Pferd sehen, du musst den Reiter sehen, du musst dann im normalen Training mal ein bisschen rumprobieren und dann den richtigen Weg finden. Du kannst nicht sagen, das funktioniert oder das funktioniert oder das funktioniert. Das kann man nicht auf die Allgemeinheit so niederlegen. Das ist schon so, dass man in dem Moment das bisschen Gefühl braucht, was jetzt für das eine Pferd gebraucht wird.
Ich versetze mich dann immer in mich selbst und denke, wenn ich den jetzt reiten würde, wie würde ich das machen. Wie ist der Körper konzipiert, worauf muss man achten, wie hat er sich im Training verhalten, wie das Mal davor. Muss man vielleicht nochmal das oder das machen, vielleicht doch noch einmal lang und tief, damit die Muskulatur entspannen kann und dann wieder Arbeitsphase. Oder das man sagt, man muss öfter Schritt reiten, damit er nochmal runterfährt. Oder auch mal früher am Galoppieren bleiben, bevor man rein reitet. So ist jedes Pferd und jeder Reiter total individuell, und ich glaube, das kann man nicht aus dem Lehrbuch entscheiden, sondern nur durch eigene Erfahrung und durch das Gefühl, was man dann am Boden einfach hat. Und dann das probieren und sehen, das ging gut oder man muss vielleicht beim nächsten Mal noch etwas anderes machen, weil es nicht gut genug war.
Ich glaube, um Spitzensportler zu sein, hat man schon einen eigenen Charakter, der auch total wichtig ist. Dann gibt es da einen, der sehr sensibel ist und der nächste, der dann auch will, dass man mal etwas schroffer wird. Aber ich glaube, das ist genau wie beim Trainieren ein Gefühlsding. Da muss man einfach offen und kommunikativ sein und dann versuchen, einfach das richtige Gefühl zu haben, wie ich mit welchen Menschen umgehen muss. Ich möchte respektvoll behandelt werden und so versuche ich natürlich auch, unsere Athleten zu behandeln, möglichst respektvoll. Da haben wir natürlich auch schon tolle Fortbildungsmöglichkeiten über das DOKR gehabt, so mit Leading-Coach-Modulen, mit Kommunikation, mit Austausch, die ich auch genutzt habe und die super hilfreich waren.
Viel Glück, damit das Lächeln erhalten bleibt
E-I: Lass und den Blick auf das nächste Championat richten. Wo landet das deutsche Team in Pratoni und wer gewinnt die Einzelmedaillen?
A-K P: Oh, da würde ich mich noch gar nicht drauf festlegen. Da bin ich noch so neu in diesem Sport, da darf ich mich noch einmal zurückhalten. Natürlich wünschen wir Deutschen uns, dass wir nach Möglichkeit weit, weit vorne sind.
E-I: OK, ich relativiere die Frage, wo stehen die Deutschen nach der Dressur?
A-K P: Auch da hoffe ich natürlich, vorne. Das wäre mein Wunsch und wir würden uns das natürlich auch gerne als Ziel vornehmen und wir werden alles daran setzen, dass es einfach klappen könnte.
E-I: Mit wie vielen Euros würdest Du ins Wettbüro gehen und auf die Deutschen wetten?
A-K P: Ne ganze Menge, alles das, was ich irgendwo zusammenkratzen könnte.
E-I: Danke, Anne-Kathrin, für das sehr offene Gespräch und toi, toi, toi für die nächste Zeit.