09.05.2021 Als Dressursieger zum Gesamtgewinn

fischerChipmunk FRH und Michael Jung haben mit der schnellsten Geländerunde das CCI-4*-S in Marbach gewonnen. Viamant du Matz / Sandra Auffahrt behielten ihren zweiten Platz, den sie schon nach dem Springen inne hatten; auf den dritten Rang schoben sich DSP Fighting Line / Lea Siegl (AUT), die vom 32. Platz kommend ihre Dressurbewertung über die Ziellinie brachten.

Einen wechselvollen Tag erlebte besonders Michi Jung: Mit Highlighter ritt er fehlerfrei bis auf 11 Sekunden an die Bestzeit heran und übernahm für einige Zeit die Führung im Klassement. Gut eine Stunde später saß er im Sattel von fischerWild Wave und hatte -natürlich- die identische Aufgabe vor sich. Allerdings ritt er nun nach dem ersten Wasserkomplex eine Route, die gestern in der 2*-Prüfung verlangt wurde und ließ dabei den Palisadengraben aus. Die Hindernisrichter waren derart konsterniert, dass er den Rest des Kurses fehlerfrei beenden konnte und erst später eliminiert wurde.

Für fischerChipmunk FRH hatte er sich einiges vorgenommen: "Die Runde ist ganz klar eine Vorbereitung für Tokyo. Ich werde gut vorwärts reiten, ihn aber auch mal zurücknehmen, um den Tempowechsel weiter zu verfeinern." Ob es sich Richtung Olympische Spiele das richtige Training war, wird sich in Japan zeigen; heute war es schon eine Art Demonstration. Soweit es in diesem hügeligen Gelände zu sehen war, präsentierten sich die beiden als sehr gut eingespieltes Team - und im Ziel waren noch vier Sekunden Luft drin.

Drei fehlerfreie Geländerunden präsentierte Sandra Auffahrt den Richtern und den deutschen Olympia-Selektoren. Viamant du Matz konnte sein Potenzial verlässlich abrufen. Zu dem guten Dressurergebnis kamen heute lediglich zwei Punkte für die kleine Zeitüberschreitung hinzu; drei Sekunden schneller hätten sogar die Goldschleife gebracht. Bei Let's Dance (Dressurergebnis plus 13 Zusatzsekunden im Gelände) bleibt die finale Einschätzung ungeklärt, gefühlt fehlten beim letzten Anstieg vom Marbacher Bogen zum Stihl-Komplex zwei Prozent Esprit. Dem erst 8-jährigen Rosveel hat Sandra beim 4*-Debüt eine gute halbe Minute extra gegönnt. Übrigens hat Sandra gestern den Michi gemacht: In der 2*-Prüfung ließ sie gar eine Schleife mit zwei Sprüngen aus…

Sie sind seit einiger Zeit für die österreichischen Vielseitigkeitshoffnungen verantwortlich: DSP Fighting Line und Lea Siegl waren das einzige Paar in Marbach, das die 4*-Prüfung mit der Dressurbenotung beendet hat. Bereits in Strzegom kamen sie im vergangenen Jahr gut aus der Saison heraus und in 2021 gut in diese gestartet. Vor knapp zwei Jahren fuhr sie mit zwei Bronzemedaillen dekoriert von der Europameisterschaft der ländlichen Reiter aus Westerstede zurück in die Alpenrepublik.

Weitere Informationen zu fast allen Top-10-ReiterInnen gibt es bei den Bildern.

Da es leider keinen Fence-Report gibt, fällt die Ergebnisanalyse deutlich schmaler als gewohnt aus: Sieben Pferde wurden vor dem Cross zurückgezogen; eine Teilnehmerin gab nach zwei frühen Verweigerungen auf; Karin Donckers musste Grandioz nach dem Marbacher Bogen aus dem Wettbewerb nehmen: Die Stute hatte sich in der Landung vertreten und lahmte. Nach einer ersten ärztlichen Versorgung direkt vor Ort wurde sie zur weiteren Behandlung in eine nahegelegene Tierklinik gefahren.

Drei Teilnehmer lösten jeweils an Hindernis 9 das MIM-System aus, Colero / Felix Vogg sprangen an Hindernis 14 gerade so, dass es keine Verweigerung war, aber für die "Missing Flag" 15 Punkte addiert wurden.

Ohne Hindernisfehler kamen 62 Paare ins Ziel, fischerChipmunk FRH und DSP Fighting Line galoppierten als einzige innerhalb der Bestzeit über die Ziellinie.

Gut gelaunt zeigte sich Bundestrainer Hans Melzer nach vier Tagen auf der schwäbischen Alb: "Wir sind wirklich zufrieden. Es waren tolle Bedingungen, auch durch die Verlegung des Vier-Sterne-Geländes auf heute. Das waren optimale Bedingungen, um auch schnell zu reiten - und das ist für die Reiter wichtig, um Wettkampfpraxis zu sammeln. Die guten Pferde sind alle top gegangen. OK, der eine oder andere hatte im Springen einen Fehler, aber das ist bei diesen Pferden bestimmt auch anders, wenn sie erst das Gelände gehen können. In drei Wochen sind wir in Baborowko, anschließend geht es nach Luhmühlen und dort haben wir das Springen am Ende." Und mit Blickrichtung auf die Ende Juli für die Reiter beginnenden Olympischen Spiele: "Trotz des Ausfalls von Asha sind wir immer noch super aufgestellt. Nach der Prüfung in Luhmühlen werden wir die Paare benennen, die mit nach Warendorf in die Quarantäne gehen und am 19. Juli fliegen wir dann nach Japan." Mit einem Lächeln ging er auf die Kurz-Aussetzer von Sandra und Michael ein: "In Tokyo steht zum Glück nur ein einziger Kurs."

Rüdiger Schwarz fordert seine gegenüber ja schon auf, Gemütsregungen sehr genau zu beobachten. Heute war ohne Schwierigkeit ein freudiger Geländeaufbauer zu erkennen: "Das war so, wie wir es wollten. Das Konzept was ich hatte, ist aufgegangen. Zum Anfang der Saison verzichte ich auf zu viele technische Abfragen, aber die Abmessungen zeigen ganz klar einen 4*-Kurs. Die Passage mit den beiden Steilsprüngen [9a/b] habe ich probiert, da diese Art der Abfragen immer mehr kommen werden. Sie sollen das saubere, das gute Springen im Gelände fördern." Angesprochen auf den Faktor Bestzeit: "Zu diesem Zeitpunkt der Saison sind vielleicht drei, vier oder fünf Pferde in der Lage die Bestzeit zu schaffen. Es gibt sicherlich noch eine Handvoll, die das auch laufen können, die sind aber jetzt wahrscheinlich erst bei 70 Prozent ihres Ausdauertrainings angekommen." Und da war noch was mit der Cross-Verschiebung auf heute: "Im Grunde genommen war es jetzt ideal, das waren optimale Bedingungen bis auf zwei oder drei Stellen, wo der Boden etwas tief wurde. Die Entscheidung des Veranstalters war ein Entgegenkommen an die Reiter und die Pferde - und für uns brachte sie weniger Stress."

"Sehr zufrieden" beantwortete der Turnierleiter Dieter Aldinger die Frage nach seinem Wohlbefinden. "In diesem Jahr sind Olympische Spiele und die Europameisterschaften, da wollten wir als Veranstalter optimale Bedingungen zur Verfügung stellen. Die Equipechefs sind auf uns zugekommen und haben nach der Verlegung des Geländes gefragt. Alle wollten mit gesunden Pferden die Heimreise antreten und dazu hat die Verlegung beigetragen. Für die Mannschaft und auch finanziell war das ein Kraftakt, aber wir werden sehen, wie wir das hinkriegen. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich kann das auch von meinem Sohn [Nicolai Aldinger] sagen, der ist gestern um drei geritten und meinte, da war es noch ganz schön rutschig. Mit einem anderen Pferd ist der gegen sechs Uhr geritten und meinte, da sei es schon deutlich besser gewesen - und heute sprach er von optimalen Bedingungen."

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass das Marbach-Team die Ausrichtung der Europameisterschaften angepackt hat. Nach den Fahrten zu wahrscheinlich allen Euros der letzten 20 Jahre und dem ersten Abstecher nach Marbach ist ein spannendes Championat hier sehr gut vorstellbar. Dieter Aldinger darauf angesprochen: "Die Idee verfolgen wir sehr konkret. In den nächsten Jahren werden das Land und das Gestüt hier wahrscheinlich aufwändige Modernisierungs- und Umbauarbeiten durchführen. Am Ende wird die Anlage den Anforderungen der FEI entsprechen - und mit der Landoberstallmeisterin [Dr. Astrid von Velsen-Zerweck] haben wir eine sehr prominente Fürsprecherin."

Alle Ergebnisse (auch die der 2*-Prüfung) hat Equi-Score:

https://results.equi-score.de/event/2021/14322/de


07.05.21 Marbach verlängert bis Sonntag

Von Schneeflocken groß wie Brillengläser bis blauem Himmel mit Mai-Sonnenstrahlen wurde den Teilnehmern und Pferden sowie dem Veranstalterteam heute alles geboten bzw. abverlangt. Die heutigen Frühstarter wurden plötzlich mit winterlichen Verhältnissen konfrontiert - schon während der Nacht waren einige Liter Regen im Lautertal niedergegangen und hatten damit natürlich auch die Geländestrecke weiter gewässert. Bereits im Laufe des Vormittags rumorte es ob eventueller Verschiebungen in der Zeitplanung. Nach vielen Gesprächen und Beratungen kam dann das offizielle Statement: Die Trasse für die 4*-Prüfung soll noch Zeit bekommen, um weiter abzutrocknen und den Pferden dann ein optimales Geläuf sowie sichere Verhältnisse vor und hinter den Sprüngen bieten. Damit gibt es auch am Sonntag (ab 9:30 Uhr) Sport auf der Alb, und das dann wahrscheinlich bei optimalen äußeren Bedingungen.

Sportlich setzten fischerChipmunk FRH / Michael Jung mit 22,50 Punkten in der Dressur ein deutliches Ausrufezeichen: Die Vorstellung war reif für Tokyo. Schon die Vorbereitung war von einem gesunden Selbstbewusstsein gekennzeichnet, viel Ruhe und Gelassenheit, dabei jede einzelne Lektion punktgenau abrufbar. Hier und da noch Kleinigkeiten, mal könnte eine Linie etwas gerader geritten werden, Vater und Sohn "streiten" lächelnd, ob dem Pferd die fliegenden Wechsel nach rechts oder nach links leichter fallen.

Problemlos übertrugen Chipmunk und Michi diese Leistung ins Viereck. Einmal etwas gestolpert, vielleicht hätte punktuell der Ausdruck etwas deutlicher sein können, an einigen Stellen hätten drei Prozent mehr Mut noch den ein oder anderen Punkt mehr bringen können, aber das geht alles in Richtung Fehlersuche. Es wird ein Geheimnis der Richter bleiben, weshalb sie mit Höchstnoten so zögerlich umgingen. Immerhin herrschte Einigkeit mit 185,5 zu 186,5 Punkten aus den Einzellektionen und jeweils der Platzziffer 1. Der knappe Kommentar von Vater Joachim Jung Sekunden nach dem Gruß brachte es auf den Punkt: "Spitze." Michael später auf die Frage, was er sagen würde, wäre er sein eigenen Trainer: "Nicht mehr viel verändern, aber an den Feinheiten weiter arbeiten."

In die Top-10 ritten heute Vormittag auch Libertina / Mateusz Kempa (5.), Grandioz / Karin Donckers (6.) und Darcy F / Libussa Lübbeke (9.). Mit dem Ausblick auf das Parcoursspringen hätten fischerChipmunk FRH und Michael Jung mit einem Springfehler einen Platz verlieren können, allerdings trennte die 3. gerade einen Abwurf von Platz 36.

Der Boden auf dem Paradeplatz war an beiden Tagen in einem hervorragenden Zustand, auch beim Springen war mit diesem Untergrund ein fairer Wettbewerb möglich. Zwischenzeitlich hatte es aufgehört zu regnen, allerdings fegte ein kalter Wind durch das Stadion. Zwölf Hindernisse mit 15 Sprüngen waren im Parcours zu überwinden, die Bestzeit wurde nach den ersten Startern auf 80 Sekunden angepasst.

Sandra Auffahrt kam mit den Anforderungen am besten zu Rande und pilotierte sowohl Viamant du Matz (2. Platz - 26,70 Punkte) als auch Let's Dance (3. - 27,50) fehlerfrei durch den Stangenwald. Neben dem sehr knappen Rückstand auf Fernando-Ukato / Katrin Norling (1. - 26,60) hat sie auch geniale Aussichten auf den Gewinn des parallel ausgetragenen Berufsreiterchampionats. Katrin Norling profitierte neben der eigenen fehlerfreien Runde von den 1,20 Zeitstrafpunkten, die sich fischerChipmunk FRH / Michael Jung (5. - 27,70) zusätzlich zu einem Flüchtigkeitsfehler einhandelten. Ebenfalls mit 27,70 Punkten -allerdings einem tadellosen Parcours- rangieren Colero / Felix Vogg auf dem vierten Platz. Ingrid Klimke rückte mit EQUSISTROs Siena just do it nach einer der schnellsten Runden auf Rang 6 vor, stürzte aber mit SAP Hale Bob OLD wegen zwei Springfehler auf den 24. Platz ab.

Bis auf 3/100stel Sekunden ritten Carjatan S / Christoph Wahler an die Bestzeit heran. Lohn der fehlerfreien Runde: Von 15 auf 7 (mit 28,40 Punkten), gefolgt von Tmx Herby / Tim Lips und Hulliebullie / Katrin Norling. Mit großen Augen und offenem Mund ritt Dirk Schrade Catelan aus der Bahn: Die Ansagerin hatte ihn mit 1,20 Strafpunkten total überrascht. Statt Platz 7. geht es nun aus der 10. Position ins Gelände. Besser machte er es mit seinem zweiten Pferd Casino (11. - 29,80), da war beim Zieldurchritt noch knapp eine Sekunde Luft.

Insgesamt gingen 17 Paare doppelnull, weitere 13 ohne Spring- aber mit Zeitfehlern; 81 der 85 gestarteten Teilnehmer sind noch im Wettbewerb. Nach wie vor ist der Abstand an der Spitze sehr knapp: Im ungünstigsten Fall könnten Fernando-Ukato und Katrin Norling mit zehn Sekunden Zeitüberschreitung im Gelände bis auf den 14. Platz durchgereicht werden, mit 20 Extrasekunden sogar bis auf Rang 28.

Alle Ergebnisse (auch die der 2*-Prüfung) hat Equi-Score:

https://results.equi-score.de/event/2021/14322/de


06.05.21 Spitzensport im Ländle

Auf der schwäbischen Alb wird wieder international geritten. Nach der Absage im vergangenen Jahr hat das Team um Dieter Aldinger alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Reitern trotz der erschwerten Bedingungen die Marbacher Vielseitigkeit anbieten zu können. Die Resonanz ist enorm, fast 200 Teilnehmer stehen auf den Starterlisten des CCI-2*-S und des CCI-4*-S. Strikt getrennt vom Geschehen des Haupt- und Landgestüts wurden auf dem Paradeplatz zwei Dressurvierecke hergerichtet und seit dem frühen Mittag stellte sich jeweils der erste Abschnitt der beiden Teilnehmerfelder den Richtern.

Zusätzlich zu den Dressuraufgaben war eine weitere Hürde zu meistern: Gegen den kalendarischen Frühling zeigte der Winter noch einmal seine Krallen. Bereits in der Nacht gab es die ersten Anzeichen dazu, entleerte sich doch der Wasserboiler des Campers automatisch. Der Blick in die Betriebsanleitung verriet, dass es eine Schutzvorrichtung ist, die eingreift, wenn die Außentemperatur unter drei Grad fällt. Gefühlt war der Anstieg im Verlaufe des Tages nur minimal. Dass die meisten Dinge zwei Seiten haben zeigte sich einmal mehr beim einsetzenden Regen. Die ReiterInnen und sonstige Anwesende schützen sich mit Extra-Kleidung und dem ein oder anderen Schirm, Michael Gola (TD der 2*-Prüfung und 4*-TDA) nahm es mit einem Lächeln: "Das ist genau das Wasser, das die Cross-Strecke für optimale Verhältnisse am Samstag noch benötigt."

Mit Humor nahm Christoph Wahler, einer der Reiter, die ihre Aufgabe mitten im Regen absolvierten, nach seinem Ritt diese zusätzliche Herausforderung: "Immerhin schneit es nicht". Vielleicht hätte sich sogar darüber der ein oder andere Mensch auf der Alb gefreut - nur ein paar Kilometer vom Gestüt entfernt war ein Skilift schon in der Sommerpause…

Das Zwischenklassement des CCI-4* hat nach 44 von 85 Startern die deutschen Championatsreiter der letzten Jahre auf den meisten der vorderen Ränge. Fernando-Ukato / Katrin Norling (SWE - 26,60 Punkte) wurden von den Richtern Dr. Helmut Mett und Hanna Rogge auf den zweiten Platz gesetzt, Louise Romeike (SWE) ist mit Wieloch's Utah Sun (5. - 27,10) und Cato (9. - 28,40) doppelt in den Top-Ten vertreten, wobei sie sich den 9. Platz mit Carjatan S / Christoph Wahler teilt.

Ebenfalls doppelt in der Spitzengruppe sind Ingrid Klimke (sie setzte sich mit SAP Hale Bob OLD an die Spitze [24,60] und ritt mit EQUISTROs Siena just do it [27,90] auf den 7. Platz) und Sandra Auffarth (Viamant du Matz - 3. - 26,70 und Let's Dance - 6. - 27,50). Die vorderen Ränge komplettieren zwei weitere Olympiasieger: Michael Jung ist mit fischerWild Wave 4. (27,00), Dirk Schrade mit Catelan 8. (28,10 Punkte). Einige Detailinformationen zu den Bewertungen gibt es noch in den Bildbeschreibungen. 

Alle Ergebnisse hat Equi-Score:

4*  > https://results.equi-score.de/event/2021/14322/de/resultlist/01D

2*  > https://results.equi-score.de/event/2021/14322/de/resultlist/02D

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