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28.09.2025 - KK
E-I-fokussiert: Lisette Robiné
Noch einmal Familie: Als BLACK ICE-Pflegerin und Schwester unterstützt Lisette Robiné ihren Bruder Jérôme auf der Europameisterschaft in Blenheim. Ihre eigene reiterliche Laufbahn hat die 24-jährige Darmstädterin nach Siegen und Platzierungen bis zur Klasse L sowohl in der Dressur und im Springen als auch in der Vielseitigkeit mittlerweile hinter den Beruf gestellt. Zusammen mit einem grasenden BENNY war im Palace-Park Zeit für einen intensiven und sehr interessanten Austausch.
Eventing-Inside: Wo ist Dein Zuhause?
Lisette Robiné: Ich wohne noch immer bei uns auf dem Heimathof quasi, also nicht direkt auf dem Hof, sondern in einem Nachbarort. Mein Pferd steht noch auf dem Hof meiner Eltern und da helfe ich auch immer noch mit.
E-I: Wie bist Du zum Pferd und zum Pferdesport gekommen?
L R: Wie bei Jérôme und auch bei meinem anderen Bruder führte da kein Weg dran vorbei, weil meine Eltern schon immer Pferde haben. Mir wurde mal gesagt, bevor ich laufen konnte, saß ich schon auf dem Pferd. Meinen Brüdern habe ich beim Reiten immer zugeschaut und wir hatten ja sowieso immer genügend Pferde im Stall, da hat man sich dann einfach draufgesetzt und dann hat man irgendwann mal ein eigenes Pony bekommen. Es hieß aber auch immer, ihr müsst nicht reiten, ihr könnt Pferd oder Pony auch stehen lassen, hier wird keiner gezwungen. Tatsächlich habe ich mit elf oder so mein Pony in die Box gestellt und gesagt, ich will eigentlich gar nicht mehr und hab‘ für ein paar Jahre Pause gemacht. Irgendwann habe ich dann gemerkt, ist ja doch irgendwie ganz cool. Alle um mich herum machen es ja doch irgendwie weiter und dann bin ich wieder zurückgekommen und seitdem auch dabei geblieben.
E-I: Wie oft sitzt Du jetzt noch im Sattel?
L R: Heute reite ich selber gar nicht mehr so viel. Ich habe noch EASY PEASY LEMON SQUEEZY, mit dem bin ich bis Zwei-Sterne-Lang geritten. Das ist so das höchste, was ich geritten bin und das mit einem selbstgezogenen Pferd, da war ich besonders stolz drauf. Heute konzentriere ich mich eher auf meine berufliche Karriere und das bedarf halt super viel Zeit. Daher reite ich jetzt nur noch nebenher, ein paar junge Pferde von uns bilde ich mit aus, aber für den großen Sport, für jedes Wochenende auf einem Turnier sein, da habe ich keine Zeit mehr für.
E-I: Was verbirgt sich hinter Deiner beruflichen Karriere?
L R: Ich bin Journalistin und fahre mittlerweile dafür auf die großen Turniere, bin da auch viel unterwegs und finde das irgendwie ganz cool. Ich arbeite bei dem Kanal ‚Die mit den Pferden‘. Vielleicht kennst Du den, der ist von der WDR-Sportschau und dafür war ich jetzt zum Beispiel bei der Springreiter-EM mit in Spanien. Das ist ganz cool, weil du da den Sport halt nach wie vor live miterleben kannst. Das macht mir schon viel Spaß.
E-I: Was machst Du da für ‚Die mit den Pferden‘?
L R: Social Media. Ich bin Presenterin oder Host-Moderatorin und halte quasi mein Gesicht in die Kamera und nehme die Zuschauer mit auf die Events, mit hinter die Kulissen, führe Interviews und versuche, einen kreativen Weg zu finden, unseren Sport an die Leute heranzubringen. Es geht aber auch um generelle Pferdethemen wie zum Beispiel beim ‚Turnier der Sieger‘ in Münster habe ich versucht, den Leuten zu erklären, was bei dem Sterne-Level beim Springsport dahinter steckt.
E-I: Hast Du auch eine reitsportliche Ausbildung absolviert?
L R: Nach dem Abitur wollte ich eigentlich genau denselben Weg einschlagen, wie Jérôme auch. Er war da immer mein großes Vorbild. Aber immer war ich irgendwie ein Jahr zu spät, ich war nie auf irgendwelchen Jugendchampionaten und hing immer irgendwie hinterher. Ich habe auch versucht, zur Sportschule nach Warendorf zu kommen, bin aber dort nicht angenommen worden. Dann kam die Überlegung, auf Sport-Lehramt zu studieren, aber das hat auch irgendwie nicht gepasst - und dann bin ich irgendwie auf diesen Online-Journalismus-Studiengang gekommen. Da war ich dann ganz happy und konnte zuhause bleiben. Davor wollte ich eben diesen reiterlichen Weg einschlagen wie auch Jérôme und dann hat es diesen Switch genommen und ich bin in die Journalisten-Richtung, in meine eigene gegangen.
E-I: Siehst Du für Dich die Möglichkeit, Deine eigene Reiterei wieder auszubauen?
L R: Ja, schon. Das macht mir viel Spaß, vor allem dann, wenn ich ein Pferd hätte, das mir liegt, wo ich richtig viel Spaß bei hätte, dann glaub‘ ich schon. Aber ich weiß auch, dass da richtig viel dazugehört - ich bin da eher so ganz oder gar nicht. Wenn es sich ergibt, auf jeden Fall, weil es ja viel Spaß macht, sich mit einem Pferd Ziele zu setzen. Aber die Sache mit den großen Turnieren, das ist halt teuer und es bedarf sehr viel Zeit, sehr viel Infrastruktur und auch Leute, die dann zuhause den Stall weiter schmeißen. Da gehört halt viel dazu und es ist ein Luxus mit der Turnierreiterei. Erstmal helfe ich Jérôme, dass für ihn später dieser Übergang aus der Warendorfer Bubble heraus in die Selbständigkeit reibungslos ist.
E-I: Lisette und Jérôme, welches war Euer erstes gemeinsames Championat?
L R: Ich war schon bei den ganzen Jugendchampionaten als Pflegerin mit dabei, so hat das angefangen. Das erste war ganz schön wild, das war in Italien, Montelibretti 2016, da war ich fünfzehn. Damals hatte ich kein Internet, es wurde aber trotzdem alles in die Gruppe geschrieben. Einmal stand da drin, um sechs Uhr eingeflochten vortraben - und ich lag da um sechs Uhr noch im Bett, weil ich ja nicht wusste, was Sache ist. Also da war ich so ein bisschen ein verpeilter Pfleger, aber zusammen haben wir das hingekriegt. Ein Jahr später war Millstrett in Irland und das war so wild, weil ich bin mit dem Pferd gefahren, also mit der Spedition im LKW, Jérôme ist geflogen und meine Eltern sind mit dem Wohnmobil mitgekommen. Denen ist aber direkt vor der Fähre der Keilriemen gerissen, das ganze Wohnmobil hat geraucht, sie sind liegengeblieben und konnten nicht mitkommen. Sie haben am Ende fünf Tage gebraucht, um auch anzukommen. Da war das Championat fast vorbei - und ich hatte nur die Klamotten, die ich anhatte.
E-I: Hast Du bei der großen Auswahl ein Lieblingspferd?
L R: Bei uns zuhause ist es natürlich mein Pferd, der EASY, der alles macht, was ich ihm sage. Mit dem kann ich nur mit dem Halfter und ohne Sattel ins Gelände gehen, aber auch alleine sportlich aufs Turnier gehen. BENNY [BLACK ICE] ist zum Pflegen ein Goldschatz. Der ist so todbrav, der ist so schlau, der macht keine dummen Sachen, er erschreckt sich nie, er ist total vernünftig. Man kennt das ja von Pferden ganz oft, so Fluchttiere und die können ja auch mal wilde Sachen machen, er ist aber quasi so wie ein Mensch, mit ihm kannst du die ganze Zeit reden, er ist ganz einfühlsam und sensibel - das ist wirklich ganz angenehm, so die ganze Zeit mit ihm auf einer Wellenlänge zu sein.
E-I: Du hast gerade von BENNYs Besonderheiten erzählt. Was macht aus Deiner Sicht Jérôme so besonders?
L R: Was ihn sehr besonders macht, ist, dass er sehr perfektionistisch ist. Er versucht wirklich, an jeder kleinen Schraube, die er finden kann, zu drehen und das hört auch niemals auf. Das ist aber auch wirklich in allen Bereichen seines Lebens und im Sport hat er natürlich etwas gefunden, wo er das extrem machen kann und auch extrem Auswirkungen hat, weil du dadurch deinen Erfolg siehst. Aber auch generell ist er immer aufmerksam, immer am tun - er ist so ein richtiges Arbeitstier, so ein richtiger Macher. Schon in der Schulzeit hat er fünf Pferde am Tag geritten, hatte eigentlich null Komma null Zeit für die Hausaufgaben, aber hat die dann gemacht, wenn wir morgens im Auto zur Schule gebracht wurden oder im Bus saßen - während ich dann einfach gar keine gemacht habe. Er hat das durchgezogen, hat sich strukturiert und so organisiert, dass er das alles hinkriegt. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er es durch und das bewundere ich sehr an ihm, diese Disziplin, die er da hat. Bei ihm kommen die Pferde immer an allererster Stelle, das war schon immer so, aber er lebt auch sehr für die Gemeinschaft und hat ein Gefühl dafür, die Leute zusammen zu holen und ein Team mit Freude zu begeistern. Entwicklungspotenzial hat er ganz klar da, wo er manchmal zu perfektionistisch ist und sich über Dinge ärgert, wofür es sich eigentlich nicht lohnt. Wenn zum Beispiel im Parcours 99 Prozent perfekt waren, dann ärgert er sich genau über die eine Sache, die man hätte vielleicht noch besser machen können. Manchmal könnte er da mehr in dem Moment leben, als in seinem perfektionistischen Zukunfts-Ich.
E-I: Gibt es für Dich ein Lieblingsturnier?
L R: Ja, Anfang des Jahres Badminton. Da war ich auch als Pflegerin mit dabei und das war ultra aufregend, weil wir ja das erste Mal dort waren. Allein die Reise dahin war schon aufregend. England ist ja immer aufregend und das mit dem Vielseitigkeitssport wird hier ja auf einem ganz anderen Level zelebriert. Da war das so royal und ich habe bis heute nicht alle Stände gesehen, die es dort gab. Das war wie ein Festival und am Geländetag war es so voll. Auch dieses Mitfiebern bis zum Geländetag, dieses schaffen wir es oder schaffen wir es nicht - es war ein richtig geiles Event und das als Pflegerin und als Schwester hautnah miterleben zu können, ist schon richtig cool. Ich fand‘ es auch total beeindruckend, was für eine Wertschätzung den Pflegern dort entgegengebracht wurde. Du kriegst ganz viele Geschenke, du kriegst total viel Anerkennung. Wenn die Reiter in die Dressur einreiten wird auch der Pfleger genannt, das hast du sonst auf den Turnieren nicht. Was ich echt cool fand, war am Samstag, als Jérôme an den Start ging, habe ich als Pflegerin 300 Pounds auf die Hand gekriegt, bar, einfach so, jeder Pfleger zum verprassen. Damit konnte man was trinken gehen oder shoppen oder was weiß ich, so ein bisschen dir Wirtschaft in England ankurbeln. Ich habe es nicht geschafft, alles auszugeben, daher werde ich hier nochmal shoppen gehen.
E-I: Du hast vorhin erzählt, dass Jérôme sehr viel Wert auf das Team legt. Wie sieht es mit Deinen Kontakten zu den anderen PflegerInnen aus?
L R: Oha, ganz schlecht. Dafür bin ich zu wenig auf den anderen Turnieren unterwegs, als dass ich viele andere Pfleger kenne. Vor deren Arbeit, so jedes Wochenende auf einem Turnier sein, davor hab‘ ich höchsten Respekt. Ich pick‘ mir hier quasi die Kirschen heraus, da kann ich mich wirklich nicht beklagen. Ich habe mal einen Podcast mit einer Pflegerin geführt, da ging es dann auch um die Partnerwahl einer Pflegerin und sie hat gesagt, das geht gar nicht, ich bin doch die ganze Zeit unterwegs und das kann ich von keinem Partner verlangen, dass er zuhause sitzt und auch mich wartet. Bei mir ist das so, dass mein Freund am Donnerstag auch her kommt und wir Zeit zusammen verbringen können.
E-I: Mit welchen Dingen beschäftigst Du Dich außerhalb von Journalismus und Pferden?
L R: Eigentlich die ganze Social Media-Geschichte. Ich moderiere sehr gerne, Anfang des Jahres habe ich zum Beispiel bei der Equitana auf einer Bühne moderiert. Ich habe selber zwei Podcasts [einer davon ist Riders deep talk], wo ich mit Reitern tiefgründige Gespräche führe - aber etwas ganz anderes, das gibt es nicht, dafür brauchen diese Dinge schon zu viel Zeit.
E-I: Was machst Du, wenn Urlaub im Kalender steht?
L R: Ich verreise gerne mit meinem Freund und wenn wir die Zeit finden, sind wir da offen für alles. Als nächstes haben wir geplant, nach Island zu fahren, weil ich Natur am liebsten mag.
E-I: Danke für Deine Offenheit, Dir viel Spaß und Erfolg mit und für Euer ganzes Team und dann eine erholsame Island-Reise.